Алиса в Стране чудес

Mein Freiwilligendienst in St. Petersburg

..и Зимой не закончится – Ein nie endender Winter

Shame on me, shame on me… Da habe ich doch tatsächlich bereits seit 4 Monaten nicht mehr geschrieben. War ja eigentlich klar, hahaha… Nun habe ich diesen Blog jedoch hauptsächlich für nachkommende Freiwillige angefertigt, weshalb ich trotzdem einen Sinn darin sehe in fortzuführen. Ja vier Monate sind ja schon eine halbe Ewigkeit, vor allem in einem fremden Land, denn tatsächlich hat sich erst gegen Januar ein gewisser Alltag eingestellt…

Naja wovon berichte ich denn, wenn doch die letzten Monate so voll von Impressionen waren? Von allem! – Und deshalb werde ich diesen Eintrag übersichtshalber mal aufteilen und mit dem allgemeinsten anfangen:

Part I – Der russische Winter.
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Ja, da kam ich hier her mit dem Gedanken „den russischen Winter muss man mal erlebt haben“, naja muss man nicht unbedingt… 😉 Also versteht mich nicht falsch, aber es ist jetzt März und vom Frühling fehlt hier noch jede Spur; ja und der Winter… der nervt! Aber ich sollte das jetzt auch nicht zu einseitig erzählen, denn der russische Winter hat auch wirklich wunderschöne Facetten. Zum einen sollte man erwähnen, dass wir hier mal richtig weiße Weihnacht hatten undzwar so 100%ig, wie das sein muss. Darüber hinaus hatten wir auch wirklich jede Menge Winterspaß mit Schlitten, Schlittschuhen oder einfach nur beim „Slicen“ auf den gefrorenen Pfützen in der ersten kalten Nacht. Ja wenn ich jetzt dran zurückdenke, ja der Anbruch der Winterzeit war schon der Hammer. Ja und dann friert auf einmal die Newa, ein wirklich großer Fluss komplett ein, aber nicht ein bisschen, nein riiiesen Eisschollen schwammen auf einmal dort wo früher mal Transportschiffe fuhren… Und dann blickt man aus dem Fenster und es sieht einfach nur eisig aus und dann aufs Thermometer und das zeigt – 25° an. Ja meine Lieben, an unserem kältesten Abend waren es tatsächlich -28°. Und das Thermometer auf dem Weg von der Arbeit zeigte über Monate nur noch zweistellige Zahlen an.. Jaja, der russische Winter ist auf jedenfall ein Winter, das kann man sagen. Und ich muss mich an dieser Stelle nochmal korrigieren, denn jetzt wo ich wieder zurückdenke: den russischen Winter muss man tatsächlich mal erlebt haben! Denn so sehr er jetzt nervt, so märchenhaft war er auch. Vor allem in Kombination mit dem herrlichen Licht hier in St. Petersburg hat mir die Natur hier mal wieder gezeigt wie wunderschön sie einfach sein kann. Ja, erst heute morgen.. habe aus Versehen den falschen Bus zur Arbeit genommen und musste, weil kein Bus mehr kam, vom Nachbarort zu meinem Arbeitsort zu Fuß gehen.. Dabei bin ich durch den Wald und obwohl es echt arschkalt war, war es traumhaft.. Die Sonne ging über einem lila-rosa-farbenen Himmel auf und wurde von Schneefeldern und Eisbäumen en masse reflektiert… Haha da meckere ich hier über den Winter, wo ich doch heute morgen erst stehen geblieben bin um den Moment festzuhalten und mal wieder festzustellen, dass ich sowas schönes erst selten im Leben gesehen habe. Ach zu schade, dass ich meine Kamera nicht dabei hatte, denn ich finde nicht die Worte um auch nur ansatzweise zu beschreiben, in welcher Pracht sich die Schönheit dieser Welt und des russischen Winters sich mir heute morgen offenbart hat. Also an dieser Stelle russischer Winter, Check, lohnt sich, ABER jetzt möchte ich Frühling, Sonnenschein & endlich wieder Lust rauszugehen 😉

 

Part II – Moskau/Nizhni Novgorod – meinen Wurzeln auf der Spur..
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Erwähnenswert ist natürlich auch eine der Reisen meines Lebens nach Moskau meiner Geburtsstadt und anschließend Nizhni Novgorod der Herkunft meiner Mutter, mit meiner lieben Annuschka, die auch diese tollen Fotos gemacht hat, im Dezember.

Ja damit dieser Eintrag nicht ewig lang wird, versuche ich mich auf das Wesentlichste zu beschränken. Beide Städte sind in jedem Fall eine Reise wert, wobei Moskau auf meinem persönlichen Russlandstädteranking leider nur Platz 3 hinter St. Petersburg, Nizhni Novgorod jedoch auf Platz 1 fällt. Die Reise war eine wahre Russlandreise und hat sehr zu meinem Verständnis des Landes und seiner Geschichte beigetragen..

Das ist auch das Interessante an Moskau, Moskau ist eine Stadt, die ihre Geschichte zeigt.. Verschiedene Baustile unterschiedlicher Epochen, aber vor allem das „Kreuz-und Quer“ zeigen, dass sich sich diese Stadt Stück für Stück entwickelt hat, so sieht man zum Beispiel zwischen Hochhäusern und Plattenbauten immer wieder kleine niedliche Kirchen, denn Moskau ist im Grunde genommen nur der Überbegriff für viele kleine Dörfer gewesen. Dass daraus eine Metropole entstanden ist, ist erst jüngste Geschichte und hat sich vor allem erst zu UdSSR Zeiten so entwickelt… Auch den Einfluss und die Veränderungen seit der Sowjetunion sieht man noch deutlich, so wurden wir während der Stadtbesichtung immer wieder darauf aufmerksam gemacht, was früher alles anders war und wo nicht überall einmal einer DER Läden der Sowjetunion war. Tja heute ist dies anders, denn das GUM ist nicht mehr das einzige Shopping-Center und auch ansonsten unterscheidet sich Moskau diesbezüglich nicht mehr von anderen Großstädten, erwähnenswert ist an dieser Stelle doch: Zeigen Russen einem eine Stadt, wird man immer auch auf die Geschäfte und Einkaufsmöglichkeiten aufmerksam gemacht, die es doch gibt „Siehst du wir haben Prada und dort ist auch Versace und da drüben…“, dass diese Marken Einzug nach Russland gefunden haben, scheint trotzdem noch nichts selbstverständliches… Moskau-Besuch 2 ist allerdings schon in Planung, denn trotz meines langen Aufenthalts, habe ich doch vor allem Zeit damit verbracht mit Anna und meiner Familie zu chillen und zu essen (deutscher Käse!!!!), die wichtigsten Dinge Kreml etc. habe ich zwar abgehakt, ja sogar im Bolschoi-Theater war ich – und es war unglaublich!!!! – trotzdem habe ich es vor allen Dingen genossen Zeit mit meiner Familie zu verbringen, die man dann ja doch sehr vermisst (ich merke sowas ja immer erst dann, wenn ich die Menschen, die ich vermisse wiedersehe) und das würde ich auch jederzeit wieder so machen, denn es war echt sehr, sehr schön. Aber Moskau ist riesig und ich möchte und werde es mir noch genauer anschauen.

Nizhni Novgorod, ja die Stadt, die angeblich das „wahre Russland“ (Moskau und St. Petersburg sind ja doch – ja das weiß ich jetzt auch – relativ westlich) zeigen soll, zeigt dies auch: Zwischen modernen Gebäuden finden sich noch zahlreiche alte Holzhäuserbaracken. Es ist zu Schade, dass diese so heruntergekommen sind, doch trotzdem machen genau diese den Charme der Stadt aus, an der Wolga gelegen und Gott sei dank nicht so groß wie die zwei Metropolen, hat diese Stadt – nicht zuletzt wahrscheinlich auch aufgrund meiner persönlichen Verbundenheit mit ihr – einen Platz in meinem Herzen gefunden. Meine russische Lieblingsstadt 🙂 Meine russische Lieblingsstadt beherbergt dann auch einen Teil meiner Familie, den ich zum Größtenteil auch noch nie gesehen habe; bis zu dieser Reise, ich will an dieser Stelle nicht zu sehr ins Detail gehen, aber ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass ich mehr als nur aufgeregt war, nun doch endlich meine russische Familie kennenzulernen. Jaaa und was soll ich sagen, meine russische Familie ist super! Wir wurden so herzlich empfangen und trotz meiner – vor allem zu diesem Zeitpunkt noch – sehr bescheidenen Russischkenntnisse haben wir uns sehr, sehr gut verstanden und auch hier habe ich wiedermals eine wunderschöne Zeit mit meiner Familie verbringen können und darüber hinaus auch die russische Gastfreundschaft kennenlernen dürfen. Ja und sowas meine Lieben gibt es dann auch nur in Russland, ein Familienessen mit soooo viel köstlichem Essen (ich übertreibe nicht: sooooooo viel) bei dem sich sämtliche Generationen versammeln und der Wodka nur so fließt, was wiederum dazu führt, dass die Stimmung steigt und das Abendessen in eine unfassbar lustige Feierei mündet, ja sowas sollte man als Halbrussin doch erlebt haben. Check!

 

Part III – Peterhof und meine Pupsis.

BildWeiterhin der schönste Part meines Jahres hier ist meine Arbeit! Zwar war gerade die letzte Zeit vor allen Dingen anstrengend, trotzdem bleibe ich dabei: ich liebe diese Arbeit! Ach mittlerweile kenne ich meine Pupsis schon so gut und jaa ich hab sie so in mein Herz geschlossen und zwar jeden einzelnen. Das Schöne ist, dass ich mittlerweile eine Routine in der Pflegearbeit drin habe, sodass ich mich am Nachmittag den schöneren Sachen widmen kann. So spiele ich nun viel häufiger mit ihnen, wir tanzen oder ich schnappe mir einen einzelnen um mit ihm zu „arbeiten“. Dabei fallen mir zunehmend Dinge auf, die die Pupsis besonders stark fesseln, so liebt zum Beispiel Jegor Musik total. Haha und Leute, das ist so ziemlich das lustigste der Welt: ich bringe Jegor jetzt immer Kopfhörer mit und lasse ihn Musik von meinem Ipod hören und Jegor steht total auf: Hip Hop! und wenn er dann dazu tanzt, dann macht er ganz von sich aus die typischen Hip-Hop-Moves, haha das ist einfach zu gut! Mit Ilja habe ich nun sogar physio-therapeutische Übungen und das macht ihm sooo viel Spaß und das wiederum mir! Dann habe ich in letzter Zeit mehrfach Ausflüge z.B. in ein Art-Studio (alternatives Kunstprojekt), Aquarium oder in die Kirche mit ihnen unternommen oder auch einfach nur einen Spaziergang außerhalb des Heimes. Es ist sooo schön, die Leute außerhalb der Heimumgebung zu sehen und jedes Mal wieder eine „Lehre“, denn dass wir so viele Freiheiten besitzen ist einfach ein Geschenk. Die Freude auf ihren Gesichtern erinnert mich daran, dass auch wir uns an solchen für uns doch alltäglichen Dingen öfter erfreuen sollten, es ist einfach unglaublich wie sehr sie sich freuen können, wo es ihnen doch eigentlich so „schlecht“ geht. Ich glaube jedoch, dass unsere Maßstäbe relativ unangebracht sind um das Leben der Bewohner des Heimes zu beschreiben, denn sie haben eine ganze andere Wahrnehmung, die sich unserem Verständnis nun mal einfach entzieht, weshalb ich mich damit schwer tue, zu sagen, dass es ihnen schlecht geht, ich scheitere an dieser Stelle mal wieder an den Grenzen der Sprache… Ich komme nicht drum herum mich immer wieder zu fragen, was denn nun eigentlich wahr ist, wenn doch alle Menschen eine ganze unterschiedliche Vorstellung bzw. Wahrnehmung der Realität haben.. ach jetzt fang ich schon wieder an rumzuphilosophieren.. Was ich eigentlich sagen will: Es ist einfach eine totale Ehre, dass ich in Peterhof arbeiten kann! Ich lerne so viel von den Bewohnern, sie geben mir so viele neue Denkanstöße, sie bringen mich dazu so viele Dinge neu zu hinterfragen und von einem ganz anderen Standpunkt zu betrachten, sie bringen mich so oft zum lachen, ich werde einfach so herzlich behandelt und obwohl sie es oftmals nie wirklich gelernt habe, geben sie mir trotzdem so viel Liebe! Es gibt wirklich kaum ein schöneres Gefühl, als das, wenn ich morgens die Stadtion betrete und meine Bewohnerlein freudestrahlend auf mich zu rennen und jedem zeigen „Алиса пришла“! cheeeeck.

 

Nun die Hälfte der Zeit ist auch schon vorbei, schon komisch, es ist so viel passiert, es fühlt sich an als würde ich schon immer hier in Russland wohnen und trotzdem sind es doch eigentlich nur 6 Monate. Grade in letzter Zeit überkam mich oft das Heimweh und irgendwie war ich mit meiner Situation hier in Russland auch nicht ganz zufrieden, denn so schön die Arbeit auch ist, gerade in den letzten grauen Wochen, war sie auch sehr anstrengend, dazu war ich dann auch krank und jaa draußen wars grau, sodass ich in eine kleine Winterdepression verfallen bin. Nichtsdestotrotz habe ich diese auch schon fast überwunden und ziehe hiermit mein Halbjahrresumé: 6 Monate und die Up’s and Down’s setzen sich fort, doch wie zu Beginn: die Ups überwiegen, ich freue mich wirklich sehr, diese Entscheidung getroffen zu haben und freue mich über die zahlreichen Erkenntnisse und Eindrücke, dich ich hier bereits gewinnen durfte. Und mann! Ich habe mir einen Lebenstraum erfüllt, ich habe – zwar nichtmal ansatzweise gut, aber ich habe angefangen Russisch zu lernen. CHECK! 

Wahrscheinlich wäre „Ein nie endender Eintrag“ ein passenderer Name gewesen; doch Hoffnung, denn: Ende.

Unverständnis & Perspektiven

paschinka

Da surfe ich über/ durch (?) die Perspektiven e.V. Facebook-Seite und welcher hübsche junge Mann ziert dort das Titelbild? Mein Paschinka! Da dieses Bild bereits veröffentlicht wurde, gehe ich mal davon aus, dass ich es auch hier zeigen darf. Naja, als ich meinen kleinen „Schützling“ auf dem Foto sah und mein Herz sich wahrlich mit Freude füllte, fiel mir ein, dass ich doch einen Blog habe und bereits seit zwei Wochen plane über die Arbeit von Perspektivy bzw. die Freude, die ich an meiner Arbeit für Perspektivy empfinde, zu schreiben. Aber davor: ist Paschinka nicht süß? 😉

Ich bin momentan krank und habe daher sehr viel Zeit zum lesen, nachdenken etc. und von Zeit zu Zeit überkommen mich immer wieder die selben Fragen und das selbe Unverständnis für gewisse Dinge… So las ich gestern z.b. etwas über das Gesundheitssystem in Russland, sah diesen Film von Perspektivy zur Situation von Behinderten in Russland, darüber hinaus noch ein paar weitere traurige Filme wie z.b. „Ein Augenblick Freiheit“…. Und da waren sie wieder: die Fragen und das Unverständnis.

Warum ist unsere Welt so wie sie ist? Warum leben einige im absoluten Elend und die anderen im absoluten Überfluss? Warum ist Geld der Maßstab aller Dinge? Warum gibt es in unserer Gesellschaft so wenig Menschlichkeit? Und warum unterwerfen wir uns einem so irrationalem, ungerechten, irrsinnigem und v.a. unmenschlichen Ordnungssystem wie dem des Kapitalismus und praktizieren unter ihm – für es – selbst so viele Ungerechtigkeiten?
Nennt mich Kommunisten, verrückt oder wie auch immer – eine überzeugende Antwort auf diese Fragen hat bislang niemand gefunden, und es wird sie auch niemand finden, undzwar aus einem ganz einfachen Grund: es gibt sie nicht. Und so entsinne ich mich an die Fragen vor meiner Ausreise, massgeblich geprägt von zwei Hauptfragen „wie viel verdienst du da?“ und „warum machst du das dann?“.

Und da wo mir vielleicht zeitweise die Courage gefehlt hat es offen zu sagen – oder mir vielleicht selbst das Bewusstsein gefehlt hat, weiß ich jetzt jedoch genau warum: weil ich oben genannte Fragen nicht einfach ausblenden kann und das Unverständnis dafür weiterhin in mir bleibt, weil ich mich nicht damit zufriedengeben kann, dass man nichts verändern kann, weil Geld für ich kein Maßstab, sondern Zahlungsmittel ist und weil ich – und jetzt wirds kitschig – an das Gutenim Menschen glaube und diesen Glauben nicht verlieren will. Jaaa der ein oder andere hat sich bei der Beschäftigung mit diesen Fragen bereits um den Verstand gebracht und vielleicht wird sich auch nie wirklich etwas ändern, kleine Veränderungen sind jedoch möglich bzw. Es gibt Perspektiven.

Ich habe bereits darüber berichtet, dass in Russland ein ganz anderes Verständnis bzgl. behinderter Menschen vorliegt als in Deutschland, dementsprechend bekommen sie nur ein Mindestmaß der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit, von Liebe und Zuneigung jedoch ganz zu schweigen. Vor knapp 2 Wochen hatten wir unser (im übrigen sehr schönes) Einführungsseminar, wir lernten das Basiswissen für die Arbeit mit Behinderten (Essen anreichen, Rollstuhl fahren, heben…) am beeindruckendsten fand ich jedoch die Geschichte und die Erfolge von Perspektiven. In den letzten Jahren konnten in den von Perspektiven „besetzten“ Heimen bzw. Einrichtungen enorme Fortschritte bei der Betreuung von Behinderten erreicht werden, so sank die Sterbensrate von behinderten Kindern in Pawlowsk von ehemals 50 Kindern pro Jahr auf 5 Kinder pro Jahr, in Peterhof essen die Bewohner nun alle mit Loeffel aus einem eigenen Teller, statt wie früher mit Händen aus einem Riesentopf, wie im Zoo… Etc. Dies hört sich nun sehr leicht an, dabei hatte die Organisation jedoch einen wahren Krieg gegen Staat, staatliches Pflegepersonal und Gesellschaft zu führen bzw. führt ihn immer noch, denn von menschenwürdigen Verhältnissen kann man selbst in den von Perspektiven betreuten Einrichtungen selbst heute kaum sprechen, von den anderen möchte ich erst gar nicht sprechen. Dementsprechend freue ich mich wirklich unglaublich Teil einer solch tollen Sache zu sein und einem so wunderbaren Unternehmen zu helfen; ja es erfüllt mich sogar wirklich mit Stolz, Freiwillige bei Perspektiven zu sein.

Und wie bereits mehrfach erwähnt macht mir die Arbeit total viel Spaß. Momentan bin ich krank und kann daher nicht arbeiten.. Für die, die mich kennen, klare Sache, erst mal ein paar Tage chillen 😉 Aber nein, irgendwie nicht.. Stattdessen quält mich mich mein Gewissen, ich möchte zu meinen Jungs – ja, ich vermisse sie sogar schon. Mittlerweile habe ich mich soweit auch an den Arbeitsablauf gewöhnt und ein gewisser Rhythmus hat sich eingestellt. Ich kenne meine Jungs mittlerweile ganz gut und kenne ihre Eigenarten, Gewohnheiten, Macken, aber auch ihre Vorlieben 😉 Zu denen gehört auch weiterhin „Tschai“, sodass ich mittlerweile regelmäßig einen Nachmittagstee im Gemeinschaftsraum veranstalte. So werde ich nun nicht mehr gefragt ob wir Tee trinken, sondern ob wir Tee im Gemeinschaftsraum trinken 🙂 🙂 und beim Zähneputzen erkennen meine „kleinen“ mittlerweile alle ihre eigenen Zahnbürsten. Die teils auch sehr anstrengende und vor allem nervenaufreibende Arbeit (v.a. wenn man versucht mal eine Windel oder dergleichen zu bekommen) wird durchzogen von solchen kleinen aber wunderschönen Ereignissen bzw. Erfolgen. Résumé: Als ich mich damals für diesen Freiwilligendienst entschieden habe, hätte ich niemals gedacht, dass mich hier so eine wunderschöne und erfüllende Aufgabe erwartet.

.. Still alive

Liebe Leute,

Ich bin noch am Leben, die letzten zwei Wochen waren jedoch sehr vollgepackt (Mamabesuch, Geburtstage, Uni und Arbeiten), sodass ich leider keine Zeit hatte zu berichten, nun meine Lieben, bin ich jedoch frei, am Montag habe ich meine letzte Studienleistung abgegeben und seit Montag bin ich auch offiziell keine Studentin mehr!! Yuchu! Endlich kann ich mehr Zeit ins Russisch lernen investieren, ich hoffe, dass ich auch schon bald einen Sprachkurs besuchen werde.

Die letzten Wochen waren sehr ereignisreich, deshalb weiß ich gar nicht so recht, was ich so berichten soll. Gestern war ich mit Anna am Stadtstrand der Newa, ihr glaubt mir nicht wie schön es dort war, die folgenden Fotos koennen nicht mal ansatzweise die eigentliche Schönheit der Farben, Häuser, Brücken und Lichter geben, doch zumindest könnt ihr euch so besser vorstellen, wovon ich rede. Als wir dort gestern saßen und quatschten, wurde mir das erste Mal so richtig bewusst, dass ich in Russland bin, in der wunderschönen Stadt St. Petersburg! Die Stadt ist – und ich kann es nur immer wieder betonen – ein Traum, eine richtige Märchenstadt, durch die vielen Kanäle erinnert sie ein wenig an Amsterddam, vom Baustil vielleicht auch eher an Paris, die unglaubliche Weite (die Stadt ist echt unfassbar riesig) und der prunkvolle Charme erinnern jedoch immer wieder: das ist Russland!

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Peterhof ist da wieder eine ganz andere Geschichte: die Arbeit macht mit weiterhin viel Spaß. Meine Bewohner habe ich bereits richtig ins Herz geschlossen, vor allem Pascha, der mich überall hinbegleitet und mich mittlerweile sogar schon „Mama“ nennt. Und natürlich Jegor meinen kleinen Gentleman und Ilja und.. – ach ich liebe sie alle. Ich mache sehr viele Späßchen mit ihnen, trinke Tee oder gehe mit ihnen spazieren; zu meinen täglichen Aufgaben gehören aber auch Pflegetätigkeiten wie z.B. Windeln wechseln u.ä., diesbezüglich stelle ich mich jedoch besonders blöd an (diese russischen Windeln sind jedoch auch keinesfalls mit den deutschen zu vergleichen!!!), sodass mein Zimmer in lautes Gelächter ausbricht, wenn ich einem Bewohner gerade versuche die Windeln zu wechseln. Die Arbeit ist also schön, das psycho-neurologische Internat jedoch weniger. Es ist mir nicht gestattet öffentlich darüber zu berichten, doch jeden Tag erfahre ich mehr und mehr, dass nicht nur die äußerliche Fassade mit deutschen Standard zu vergleichen ist, ich glaube, es wird noch eine sehr harte Zeit im PNI auf mich zukommen; das schlimmste daran: die Gewissheit daran nicht wirklich etwas ändern zu können, das Schöne daran: trotzdem ein Lächeln auf die Gesichter der Bewohner zaubern zu können.

Ansonsten habe ich mich mittlerweile eingelebt, nach Mamas Besuch sieht die Wohnung, und vor allem mein Zimmer wirklich richtig schön aus. Ja mittlerweile verstehe ich mich auch mit meiner Mitbewohnerin sehr, sehr gut, sodass ich eigentlich nicht mehr ausziehen möchte. Jaja wie sich die Dinge ändern ;), Abfluss, Dusche etc. machen zwar immer wieder neue Probleme, aber wie heißt es so schön: „Man gewöhnt sich an alles“. Jaa und da ich mich unglaublich schnell anpasse und gewöhne, kommt es mir bereits vor, als würde ich schon ewig hier leben; ja, der erste Monat ist bereits vorbei, ein Alltag hat sich eingestellt, der Weg zur Metro, zur Arbeit etc. ist Routine, Wochenende Party & Sightseeing und Russisch fange ich langsam, aber sicher an zu verstehen. So weiß ich z.B. mittlerweile was genau mir die Sanitarkas oder meine Bewohner auf der Arbeit sagen wollen; und gestern habe ich sogar den netten „Poeten“, der uns an der Newa angesprochen hat, verstanden, als er uns mit wirklich schönen Worten erklärt hat, dass Gott „Wir“ sind, das weltweite Volk, das „Gemeinsame“, ähnlich wie bei einer Matrushka, alle zusammen als ein Teil, und wir daher nie den Glauben an бог („Boch“, dt. Gott) verlieren sollten.

Ohne Worte

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Hilfsbereitschaft, Trottel-Alissa & ein wenig Party

Sooo und nun melde ich mich auch schon wieder nachdem ich wieder Internet habe, hier muss man sich nämlich Guthaben für sein Internet kaufen und sowas muss man ja auch erst mal wissen 😉 Mir sind die Tage hier auch wieder echt ein paar geile Sachen passiert, auch auf der Arbeit habe ich viele neue Erfahrungen gemacht, diese werde ich jedoch erst Ende der Woche in einem eigenen Beitrag darlegen. Fangen wir also beim Freitag an:

Morgens wollte ich zur Arbeit fahren und war wie meist mal wieder spät dran, um zur Arbeit zu fahren, muss ich zunächst mit der Metro zu einem Bahnhof und von dort dann mit der Elektrischka nach Peterhof. Mein Zug fährt immer um 8:11 und um 8:10 kam ich am Bahnhof an [Nachtrag: Montags habe ich erfahren: das stimmt nicht, er fährt um Punkt 8 Uhr XD], ich muss den Zug nach „Oranienburg“ nehmen und jaaa, die kyrillische Schrift ist ja doch noch ein wenig anstrengend zu lesen, vor allem morgens um 8 ;). Ich sehe also nur „O“, das muss also meiner sein, steige natürlich ganz schnell in den Zug, denn ich bin ja auch spät dran. Drinnen hab ich mich dann auch erst mal noch ne Runde schlafen gelegt, als die Kontrolleure dann meine Fahrkarte sehen wollten, wurde ich dann etwas grob geweckt, naja ich zeig also die Karte und die nur so „ja die geht nach Peterhof“, ich darauf ganz zuversichtlich „naja ich fahr ja auch na Peterhof“… Was jedoch nicht der Wahrheit entsprach, denn durch das meinen Freunden und meiner Familie bekannte Chaos in meinem Kopf, bin ich tatsächlich direkt am zweiten Tag in den falschen Zug gestiegen und knapp 1 1/2 Stunden in die falsche Richtung gefahren… Nun ja als ich das dann verstanden hatte, überkam es mich und die Tränen kullerten (aber wirklich nur ein paar Tränchen). Doch dann hat auf einmal das ganze Abteil angefangen mich zu trösten und zu diskutieren, wie ich jetzt am besten nach Peterhof komme, nachdem man sich dann geeinigt hatte, ist sogar eine Frau mit mir ausgestiegen, um mir zu zeigen wie ich jetzt fahren muss. Das fand ich dann so schön, dass die Stunde, die ich (in der Kälte [bereits nur noch 5 Grad]) auf den nächsten Zug warten musste auch nur noch halb so schlimm war..

So ähnlich verläuft es hier immer, St. Petersburg ist für mich eine wahre Gefühlsachterbahn, hoch und runter und hoch und runter…. Freitags Abends haben wir dann alle deutschen Freiwilligen kennengelernt und dann auch einen sehr gemütlichen Abend mit einer 2,5l Plastikflasche „Bagbier“, Pelmeni (russische „Tortellini“) und netten Gesprächen verbracht. Samstags Abends wurde das ganze nochmal gesteigert: 5l Kanister „Bagbier“ und Party auf der Dumskaja Ulitza (Partymeile St. Petersburgs). War ein richtig genialer Abend und auf dem Heimweg von der ersten Metro überkamen mich das erste Mal die absoluten Glücksgefühle hier sein zu dürfen. Doch wir haben alle nicht die Gefühlsachterbahn nicht vergessen, auf das Hoch folgt das Tief… Als ich dann vor meiner Tür stand konnte ich diese nicht aufschliessen. Zunächst dachte ich, ich hätte vielleicht ein bisschen was über den Durst getrunken und wäre daher nicht im Stande, die Tuer zu öffnen. Nachdem ich aber überprüft hatte, ob ich auf der richtigen Etage bin und auch knapp ne 3/4 Stunde an der Tür herumprobiert hatte, musste ich mich damit abfinden, dass das Schloss wohl kaputt ist und auf dem Hausflur schlafen. Mann, war ich angepisst!!!!!!!

Um 10 kamen dann die Nachbarn heraus um eine zu rauchen, ich habe sie dann prompt gebeten, mir zu helfen, auch sie haben es nicht geschafft, die Tür auf normalem Wege zu öffnen und sind dann wieder reingegangen… – na toll, dachte ich in diesem Moment – … Um 2 min. Später mit einem Brecheisen (ich frage mich bis heute, ob dieses in russischen Haushalten Standard ist, oder ich mir ein paar Gedanken machen sollte?!) wiederzukommen. Nach knapp einer halben Stunde war die Tür dann auch offen, repariert wurde es dann auch noch und mit 10.000 „spaciba bolschois“ verabschiedete mich dann und widmete mich erst mal meinem wohlverdienten Schlaf. Ende der Geschichte: so richtig funktioniert meine Tür immer noch nicht und ich bete jedes Mal beim nachhausegehen, dass sie dieses Mal aufgeht… wahrscheinlich war das Schloss kaputt, weil jemand versucht hat hier einzubrechen, vermuten zumindest meine Mitbewohnerin und die Leute von perspektivy. Super, also von der Wohnung bin ich mittlerweile sooo angekotzt und genervt, dass ich angefangen habe, sie komplett auszublenden, da es mir sonst echt die Laune verderben würde, bzw. Ja auch tut.

Daher anderer Fokus: Hilfsbereitschaft in Russland. Zwar habe ich von einigen anderen Freiwilligen etwas anderes gehört, doch meine Erfahrung ist, dass die Russen super hilfsbereit sind. Sei es um weiterzuhelfen, wenn man im falschen Zug sitzt, um die Wohnungstuer aufzubrechen oder auch beim Aufladen des Handys bzw. Internets, bei all diesem Beispielen wurde mir unaufgefordert geholfen undzwar bis das Problems behoben war. Man hätte durchaus früher gehen können bzw. Einfach nur erklären können, aber ich habe das Gefühl, dass man sich hier eben nicht im Stich lässt. Auf der Arbeit habe ich zwar kontraere Erfahrungen gemacht, dies ist jedoch auch eine ganz andere Umgebung/Welt. Eine sehr schöne Erfahrung, die durchaus dazu beigetragen hat, den Zug auf der Achterbahn wieder nach oben zu ziehen 😉

Abschliessend dann, ich bin unglaublich glücklich hier zu sein. Mittlerweile kennt man ja doch schon ein paar Leute und wir unternehmen viel, so habe ich z.B. am Sonntag einen sehr schönen, „typisch russischen“ Tag mit Lina und Karo beim Teetrinken und Suppe essen in meiner Küche gehabt und war vorgestern wunderschön mit der Anna durch nen zauberhaften Park und am Meer entlang spazieren. Resume: Ich liebe Russland, liebe die Arbeit in Peterhof, liebe die Süßigkeiten, liebe die Sprache, liebe die Stadt und mag bislang sogar auch, die zwar etwas kalte und eigene Mentalität der Menschen hier, aber mit dieser aufgesetzen und oberflächlichen Freundlichkeit, wie man sie in den USA findet, konnte ich nie so wirklich was anfangen, dann mag ich es lieber direkt und ehrlich… Und hassen bzw. nicht mögen? Bislang eigentlich nur meine Wohnung, aus der ich voraussichtlich aber auch schon Ende September ausziehen werde 🙂

Der erste Tag in Peterhof

Also die russische Organisation finde ich ja doch etwas eigen, heute hatte ich meinen ersten Tag in Peterhof meiner Arbeitsstelle (der im Übrigen sehr schön war, aber dazu gleich mehr). Dass diese Einführung jedoch heute stattfindet hab ich eigentlich nur durch Zufall erfahren, will heißen mir hat niemand Bescheid gesagt :(. Was mich jedoch eigentlich stört ist, dass alle Freiwilligen in einer Freiwilligen WG wohnen, ich aber quasi alleine; quasi, weil ich mit einer Russin gemeinsam lebe, die jedoch selten zuhause ist bzw. ihr eigenes Leben hat und ums mal so zusagen wahrscheinlich nicht wirklich Bock hat sich um die neue deutsche Freiwillige zu kümmern (was ich ja auch verstehen kann).. Trotzdem muss ich sagen, dass ich mich momentan echt ein wenig einsam und allein gelassen fühle, dabei bin ich ja eigentlich gar nicht der Typ dafür, aber Kontakte hier zu knüpfen ist hier schon ne andere Sache als in Spanien, wo man ganz offen aufeinander zugeht bzw. andere Ausländer an jeder Ecke trifft. Außerdem ist meine Arbeitsstelle am ganz anderen Ende der Stadt und die Stadt ist groß! Ich bin also jeden morgen erst mal 20min. bis zur Metro zu Fuß, 45min. in der Metro, dann noch mal 45min. in der Elektrischka und dann noch mal 15-20min. zum PNI zu Fuß, unterwegs; insgesamt macht das inkl. Wartezeiten knapp fünf Stunden, die ich jeden Tag unterwegs bin. Ich verstehe nicht, warum man die Freiwilligen nicht nach ihren Arbeitsplätzen unterbringt, dass ist doch wirklich nicht so schwer und St. Petersburg ist echt riesig, man ist hier wirklich lange unterwegs, d.h. das wäre wirklich sinnvoll!! Naja morgen ist dann endlich das Treffen aller Freiwilligen und ich hoffe, dass es dann ein bisschen besser wird… Ansonsten warte ich weiterhin jeden Abend sehnsüchtig auf den Anruf meiner Mama und ich kann mich erinnern, das war auch schon mal anders 😉

Aber nun die schönen Dinge: als erstes habe ich gestern einen Spaziergang durch das St. Petersburger Stadtzentrum, entlang der Newa usw. gemacht und ich kann nur sagen, die Stadt ist ein einziger Traum (siehe Fotos).

Zweitens mein erster „Arbeitstag“ war wirklich sehr, sehr schön. Zunächst einmal war die Hinfahrt wunderschön, aus St. Petersburg raus und da war es, das Russland, das ich mir immer vorgestellt hatte: Birkenwälder, verwilderte Lanschaften, zugewachsene Flüsse, hübsche Seen und ab und zu mal ein paar süße, bunte russische Holzhäuschen, die immer ein wenig an Pipi Langstrumpfs Villa Kunterbunt erinnern. Von dem Internat selbst war ich dann nicht ansatzweise so geschockt, wie ich es gedacht hätte. Zwar ist der gesamte – riesige – Gebäudekomplex sehr heruntergekommen, doch drinnen wurde bereits einiges saniert. Der Wohnbereicht 10 ist bislang nur bis zur Hälfte renoviert wurden und der Blick auf die andere Hälfte ist zwar einerseits sehr traurig, denn dort sieht es wirklich schrecklick aus (dagegen ist meine Wohnung ein Märchenschloss!!!), auf der anderen Seite zeigt es aber auch die Fortschritte, die im Bereich der Behindertenbetreuung bereits erzielt wurden. Als uns dann die Station gezeigt wurde und wir die Bewohner kennen lernen durften, erhellte sich die Stimmung aller Freiwilligen – so herzlich wie wir empfangen wurden 🙂 Da die Mittel von perspektivy begrenzt sind, muss sich die Freiwilligenarbeit auf jene beschränken, die sie am dringlichsten benötigen: die Schwerstbehinderten. Dabei hat Peterhof so viele Bewohner, die alle Hilfe bräuchten… Von einer melancholische Stimmung kann aber im Wohnbereich 10 bzw. 3 (das sind die beiden Bereiche um die perspektivy sich kümmert) keine Rede sein.. auf dem Flur ist richtig „halli-galli“ jeder tobt, spielt oder läuft einfach nur auf seine Art dort herum! Wir Freiwilligen wurden auch schon sehnsüchtig erwartet, denn im August sind keine Freiwillligen vor Ort, was dazu führt, dass viele wesentlichen Aufgaben wie z.B. dem Zähneputzen nur unzureichend nachgegangen werden kann. Umso größer war dann natülich die Freude der Bewohner, als sie ihre neuen Freiwilligen endlich kennenlernen durften.. Jeder von uns (die anderen Freiwiligen sind im Übrigen auch supernett) hat dann ein Zimmer zugeteilgt bekommen, um dessen Bewohner er sich im kommenden Jahr vorrangig kümmmern wird. Meins ist das Zimmer 16, mit 6 Gentleman, von denen ich bislang leider nur 4 und auch nur flüchtig kennenlernen durfte, allesamt sind jedoch große Teeliebhaber und freuen sich schon sehr auf die gemeinsame Teerunde morgen („TSCHAAAAAAIIII“) und auch ich freue mich sehr meine sechs Bewohner (alle mit ganz unterschiedlichen Behinderungen) genauer kennenzulernen.

Ein letztes Wort noch zu perskpektivy auch wenn mich die Organisation teils ein „wenig“ stresst, haben mich die Mitarbeiter durch ihr unglaubliches Engagement und v.a. deren geduldige und liebevolle Art im Umgang mit den Bewohnern absolut überzeugen können. Ich freue mich wirklich hier zu sein!!

.. und nebenbei, auf meinem Klo gibt es seit heute Licht 😉

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… und angekommen!

Mal wieder ist ein Monat verflogen und ich verfasse nun meinen ersten Artikel live vor Ort in St. Petersburg: die Anreise war ein wenig aufregend, doch trotz allem kamen wir dann gestern Nacht um halb eins am Ziel an. Mit mir unterwegs sind die Karo und die Lina die ebenfalls einen Freiwilligendienst hier in St. Petersburg (allerdings in anderen Projekten) absolvieren. Nun ja Karo wurde direkt in ihre Wohnung gebracht, Lina und ich haben noch eine Nacht im Büro von Perspektivy verbracht, heute morgen ging es dann mit dem ganzen Gepäck (und das nächste Mal nehme ich wirklich nicht mehr so viel mit!!!) via Metro zu meinem neuen Zuhause und da kam er: der Kulturschock.

Trotz mehrfacher Hinweise meiner Eltern war Russland für mich ja nicht sooooo anders, St. Petersburg ja auch super westlich und voll schöööön… Hier nun die Korrektur: Russland ist ganz anders und St. Petersburg ist vielleicht für russische Verhältnisse „westlich“, trotzdem hat es meiner Meinung mit der Bedeutung des Wortes nichts zu tun ;). Vielleicht kann man St. Petersburg (wahrscheinlich auch Moskau) als Spiegel der russischen Gesellschaft betrachten, im Zentrum der Stadt ist es wirklich wunderschön und die Stadt sieht auch so richtig teuer aus, doch die Stadtviertel drum herum glänzen weniger durch Gold, sondern viel eher durch heruntergekommene Plattenbauten, viel Verkehr und wirklich Unmengen an haesslichen Werbeplakaten/-tafeln oder -leuchtschriften. Und auch das Innere der Plattenbauten ist wahrlich nicht schoen und schon gar nicht „westlich“; denn tatsächlich musste ich mir sogar eingestehen, dass ich fuer russische Verhaeltnisse wahrscheinlich noch mega gut lebe. Trotzdem sind meine Fenster mit Klebeband zugetapt (ja, an den Winter möchte ich noch nicht denken), meine Badewanne verschimmelt, mein Klolicht (das Klo ist quasi eine Abstelltkammer) kaputt, die Abflussrohre verstopft, etc.

Ja und da hörte ich sie, die Stimmen meiner Eltern wie sie mir mein Traumdenken zerstoeren wollen, doch ich überhöre sie wie immer voller Eigenmut und stürze mich inkl. einer rosaroten Brille ins kalte Wasser.. Was ich damit sagen will, Russland ist GANZ anders! Ich habe mich darauf eingestellt nun anders zu leben, auf einiges verzichten zu müssen.. Jedoch nicht sooo ganz, das musste ich mir heute eingestehen, das Leben ist hier ist wirklich eine ganze Nummer härter. Doch ich fasse das nun nicht (mehr) negativ auf, das war es was ich wollte. Und spaziert man die Newa bei Sonnenschein im Abendlicht entlang, dann liebe Leute ist St. Petersburg tatsächlich eine Märchenstadt und so wunderschön,wie ich es mir genauso wenig hätte erträumen lassen! Und auch mein Zimmer sieht nach einer kleinen Umräumaktion und einem Riesenputz sehr gemütlich aus, die Verstopfung der Rohre wurde derart behoben, als dass man jetzt duschen kann (wobei das duschen an sich auch noch mal ein Akt der Sonderklasse ist XD) und auf dem Klo steht ja schließlich eine Kerze.. 😉 Von daher wünsche ich ganz guter Dinge Spakolnje Noche und gehe voller Vorfreude auf ein tolles, interessantes, lehrreiches… aber auch hartes Jahr zu Bett 🙂

Freiwilliger Friedensdienst in St. Petersburg

Noch knapp einen Monat dauert es bis ich meinen Freiwilligen Friedensdienst im Psycho-neurologischen Internat in St. Petersburg beginne. Ich möchte diesen ersten Eintrag dazu nutzen um meine Motivation für diesen Friedensdienst zu schildern und über den Nutzen solcher Freiwilligendienste bzw. sozialem Engagement im Allgemeinen zu schreiben.

Als ich mit 16 Jahren mit meinen Eltern in der dominikanischen Republik im Urlaub war, fiel mir das erste mal wirklich auf, wie gut es uns eigentlich geht und welch Glück wir eigentlich haben in unseren deutschen Verhältnissen aufzuwachsen; während wir in der Sonne zu liegen und Cocktails schlürfen, müssen die Dominikaner in der Hitze für teils lediglich 0,50€ die Stunde dafür sorgen, dass es uns mehr als nur „gut“ geht. Auf der anderen Seite lernte ich aber auch die Lebensfreude der Dominikaner kennen, die selbst, die der urlaubenden Deutschen bei weitem überstieg. Ich fing an mich mit beiden Thematiken zu beschäftigen, also einmal das Thema „Entwicklungspolitik“ und zweitens das Thema „Lebensphilosophie und Kultur“, sodass ich immer mehr zu dem Entschluss kam, dass ich selbst im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit tätig werden möchte. Obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, nach dem Abitur ein Freiwilligenjahr in Lateinamerika zu absolvieren, traute ich mich am Ende doch nicht so ganz und begann direkt zu studieren. Während meines Studiums absolvierte ich dann ein Auslandsjahr in Spanien, die Angst vor dem Auslandsjahr war weg, und das Fernweh gestiegen, zusätzlich lernte ich in Spanien sehr viele Dominikaner kennen, die sehr gute Freunde wurden, sodass ich einen Entschluss fasste: Wenn der Bachelor fertig ist, dann gehst du! Gesagt getan, bereits September 2011 begann ich mich zu bewerben, doch den Platz für die dominikanische Republik bekam ich nicht, allerdings einen für Bolivien. Ich freute mich trotzdem sehr. Als dann aber die erstmals gefragt wurde, warum eigentlich Bolivien, konnte ich jedoch keine wirkliche Antwort auf die Bolivien-frage finden.

Zur dominikanischen Republik konnte ich einen Bezug herstellen. Doch zu Bolivien? Immer mehr umkreisten mich die Gedanken, dass auch das deutsche Sozialsystem nicht unbedingt das Beste ist und Freiwilligenarbeit bzw. soziales Engagement auch hier mehr als nur notwendig ist. Ich denke oft an meine Mama, die Altenpflegerin von Beruf ist und in mehrfacher Hinsicht über die Missstände in den Altenheimen klagt, wobei vor allem Menschen gebraucht würden, die sich um die Bewohner kümmern um ihr Leben ein wenig durch – so kitschig sich es an hört – Liebe menschenwürdiger gestalten – Hand aufs Herz Alissa, warum also weggehen, wenn du genau so gut ein freiwilliges soziales Jahr im Altenheim deiner Mutter absolvieren könntest? Doch irgendwie wollte ich ja schon „weg“, „was neues erleben“ und es war ja auch mein Ziel „Entwicklungsarbeit“ zu leisten. Meine Mutter ist Russin und je mehr ich über Sie und ihre Arbeit nachdachte, kam mir immer mehr mein Geburtsland in den Sinn und auf einmal fiel es mir wie Schuppen von den Augen: ein Freiwilligendienst in Russland. Da dieser jedoch nicht über weltwärts vermittelt werden kann, da Russland nicht als „Entwicklungsland“ eingestuft wird, und die Bewerbungsfristen vieler vermittelnden Organisationen bereits abgelaufen waren, gestaltete sich die Suche nach „Trägern“ meiner Arbeit etwas schwieriger. Doch bei meiner Internetrechereche fand ich auf einmal eine Organisation, deren russischer Standort im Herkunftsort meiner Mutter (Nischni Novgorod) liegt. In meinem Glauben an – .. .. ..“irgendwas“ – beschloss mich zu bewerben (obwohl die Frist bereits abgelaufen war). Bei dieser Organisation fand ich zwar keinen Platz, doch freundlicherweise haben sie mich an die Evangelische Kirche im Rheinland weitervermittelt, von der ich in einem ähnlichen Programm einen Platz in St. Petersburg angeboten bekam. Im Bewerbungsgespräch war es dann schließlich endgültig klar. Schweren Herzens entschied ich mich zwar nicht gegen Bolivien, aber für St. Petersburg.

Ich freue mich sehr, dass mir das Schicksal nun diesen Weg ausgesucht hat und bin sehr gespannt ihn nun entlang hüpfen, laufen, und wahrscheinlich auch zu fallen, doch vor allem ihn nun endlich anzutreten.

Doch warum jetzt eigentlich dieser Friedensdienst?

Meine beste Freundin nennt mich manchmal „Hippie“ und in der Tat, ich hätte mich in den 70ern bestimmt super wohl gefühlt. Doch wie oben bereits erwähnt liegen meinem persönlichen Friedensdienst ja auch nicht nur selbstlose Motive zugrunde, doch ich denke, dass die Kombination bzw. die „goldene“ Mitte egoistischer und altruistischer Motive der ein guter Weg sein kann. Wir selbst sind Teil einer Gesellschaft, wir müssen uns um unsere Gesellschaft kümmern, genauso müssen wir uns aber auch um uns selbst kümmern, denn auch wir sind Teil dieser Gesellschaft. Oftmals sind wir uns dessen jedoch nicht bewusst und kümmern uns lediglich um unsere eigenen persönlichen Belange, die jedoch meist mit der Gesellschaft nicht zuträglich sind, oftmals dem „Allgemeinwohl“ sogar entgegenstehen. Man muss es ja nicht übertreiben und sollte vor allem sich selbst nicht dabei vergessen, doch jeder sollte (s)einen Weg finden der Gesellschaft etwas zurückzugeben, meiner ist dieser Freiwilligendienst.